FG Rheinland-Pfalz: Prozesskosten für Ehescheidungen nach wie vor steuerlich absetzbar

zu FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.10.2014 - 4 K 1976/14.

FG RHEINLAND-PFALZ: PROZESSKOSTEN FÜR EHESCHEIDUNGEN NACH WIE VOR STEUERLICH ABSETZBAR

Prozesskosten für die Ehescheidung sind auch nach der ab 2013 geltenden Neuregelung des § 33 Abs. Satz 4 EStG durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz als außergewöhnliche Belastung steuermindernd zu berücksichtigen. Dies hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz mit jetzt veröffentlichten Urteil vom 16.10.2014 entschieden. Im Streitfall hat das FG der Klage bezüglich der Prozesskosten für die Ehescheidung stattgegeben, im Übrigen, für Scheidungsfolgekosten, die Klage aber abgewiesen. Die Revision zum BFH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Es handelt sich nach Angaben des Gerichts um die erste Entscheidung eines FG zu dieser Fragestellung (Az.: 4 K 1976/14).

 

Wertungen des BFH aus dem Jahr 1996 in Gesetzestext übernommen

 

Nach der neuen Vorschrift sind Prozesskosten grundsätzlich vom Abzug ausgeschlossen und nur ausnahmsweise steuerlich anzuerkennen, wenn der Steuerpflichtige ohne diese Aufwendungen Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. Die gesetzliche Bestimmung, nach welcher Aufwendungen für Prozesse mit existentieller Bedeutung für den Steuerpflichtigen abzugsfähig seien, gehe auf eine Formulierung in einem Urteil des Bundesfinanzhofs aus dem Jahre 1996 (BeckRS 1996, 23000057) zurück, in welchem die ständige Rechtsprechung zur Abzugsfähigkeit von Scheidungskosten bestätigt worden sei. Mit der Übernahme dieser Formulierung in § 33 Abs. Satz 4 EStG habe der Gesetzgeber offensichtlich auch die dem BFH-Urteil zugrunde liegenden Wertungen - einschließlich der Anerkennung der Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastung - übernommen. Für einen Steuerpflichtigen sei es existentiell, sich aus einer zerrütteten Ehe lösen zu können. Die Kosten der Ehescheidung, die nur durch einen zivilgerichtlichen Prozess herbeigeführt werden könne, seien daher für den Betroffenen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig.

 

Änderung sollte zu weite BFH-Rechtsprechung eingrenzen

 

Dieses Ergebnis entspreche auch dem Willen des Gesetzgebers, der mit der Verschärfung der Abzugsvoraussetzungen in § 33 Abs. Satz 4 EStG lediglich die für zu weitgehend erachtete neue Rechtsprechung des VI. Senats des BFH aus dem Jahr 2011 (BeckRS 2011, 95761) zur Anerkennung von Prozesskosten auch für beliebige (nicht aussichtslose) Prozesse als außergewöhnliche Belastung habe korrigieren und die bis zu dieser Rechtsprechungsänderung bestehende Rechtslage wiederherstellen wollen. So ergebe sich aus einer Stellungnahme des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren das Ziel, die Anerkennung von Prozesskosten auf den «bisherigen engen Rahmen» zu beschränken. Hierzu hätten die unmittelbaren Kosten eines Scheidungsprozesses stets gezählt.

 

Gesetzliche Verschärfung für Scheidungsfolgekosten

 

Demgegenüber seien nach der Neuregelung ab 2013 die Scheidungsfolgekosten nicht als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig. Nach der bisherigen BFH-Rechtsprechung, die für das neue Familienrecht entsprechend gelte, seien Prozesskosten im Zusammenhang mit den Folgesachen Unterhalt, Ehewohnung und Haushalt, Güterrecht, Sorgerecht, Umgangsrecht nicht als zwangsläufig im Sinne des § 33 EStG anzusehen. Diese Folgesachen würden nicht zwingend, sondern nur auf Antrag eines Ehepartners mit dem Scheidungsverfahren zusammen - im Zwangsverbund - verhandelt und entschieden. Sie könnten auch in einer außergerichtlichen Scheidungsfolgenvereinbarung geregelt werden. Die geänderte Rechtsprechung des VI. Senats des BFH aus dem Jahr 2011 sei ab dem Veranlagungszeitraum 2013 durch die gesetzliche Verschärfung der Abzugsvoraussetzungen überholt.