Auch wenn Pferde Lebewesen sind und dem Tierschutzrecht unterliegen, werden sie rechtlich gesehen immer noch Sachen gleichgestellt. Deshalb finden auf den Kauf und Verkauf von Pferden grundsätzlich die gleichen Vorschriften Anwendung wie auf den Kauf und Verkauf eines KFZ, denn nach § 90a BGB gelten für Tiere die Regelungen für Sachen. Während sich beim KFZ aber sehr genau definieren lässt, das ein Neu- und was ein Gebrauchtwagen ist, ist diese Abgrenzung bei Pferden jedoch fast unmöglich. Diese Unterscheidung ist jedoch im Gewährleistungsrecht im Verbrauchsgüterkauf (§ 474 BGB) von großer Bedeutung, da die Gewährleistungsfristen des Unternehmers beim Verkauf einer „gebrauchten Sache“ an einen Verbraucher auf 1 Jahr verkürzt werden können. Ist ein Fohlen immer eine „neue Sache“ und wenn ja, bis zu welchem Alter? Oder ist die Abgrenzung altersunabhängig und anhand des eigentlichen Verwendungszwecks zu treffen, das Pferd somit „neu“ ist, solange es noch nicht geritten oder gefahren wurde? Die Rechtsprechung hat hier in unterschiedlicher Weise versucht, allgemein gültige Abgrenzungskriterien zu definieren. Dieses kann beim Pferdekauf zu einer Vielzahl von Problemen führen, da das Pferd, wie jedes andere Lebewesen, einer ständigen und u.U. recht spontanen Änderung seiner körperlichen und psychischen Verfassung unterworfen ist.
Die grundsätzlichen Verpflichtungen eines Kaufvertrages bedeuten, dass der Verkäufer verpflichtet ist , dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu übergeben. Im Gegenzug dazu ist der Käufer verpflichtet, den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen.
Ein Sachmangel liegt immer dann vor, wenn die tatsächliche Beschaffenheit des Pferdes von der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit abweicht. Dies kann ein vereinbarter Zustand oder auch ein vereinbarter Gebrauchszweck des Pferdes sein. Haftungsrelevant sind daher häufig Formulierungen des Verkäufers wie „gesund“, „brav“ oder „M-fertig“, wenn sich hinterher herausstellt, dass das Pferd weder gesund noch brav ist und auch den Ausbildungsstand nicht hat. Häufig sind solche Vereinbarungen aber nicht getroffen worden oder aber sie lassen sich nicht beweisen, weil sie nicht schriftlich festgehalten wurden.
Dann ist zu untersuchen, ob das Pferd zur „gewöhnlichen Verwendung“ eignet und somit die vertraglich geschuldete Beschaffenheit aufweist. Hier wird auf den Käuferhorizont abgestellt, d. h. es wird gefragt, was der Käufer bei "Sachen" bei einem solchen Kaufvertrag eigentlich erwarten durfte. Das verkaufte Pferd musste also zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs (üblicher Weise bei Übergabe an Käufer) z. B. als Reitpferd geeignet gewesen sein.
Bei Verhaltensauffälligkeiten oder negativen Veränderungen des Gesundheitszustandes, die sich häufig erst nach Wochen oder Monaten zeigen, ist es häufig schwierig, nachzuweisen, dass diese bereits bei Gefahrübergang vorhanden waren. Relevant ist in diesem Zusammenhang, wie die Vertragsparteien zu klassifizieren sind.
Wenn Verkäufer und Käufer beide Verbraucher (Privatkauf) sind, gilt für die Verjährung der Mängelansprüche grundsätzlich erst einmal die gesetzliche Verjährungsfrist von 2 Jahren!
Privatverkäufer können die Verjährungsfrist allerdings bis hin zum Haftungsausschluss durch entsprechende Formulierungen („verkauft unter Ausschluss jeder Gewährleistung) verkürzen. Der Gewährleistungsausschluss greift aber nicht für arglistig verschwiegene Mängel oder garantierte Beschaffenheitsvereinbarungen. Zu beachten ist auch, dass durch einseitig vom Verkäufer vorgegebene Formulierungen (sog. AGBs) ein Haftungsausschluss für Körper- und Gesundheitsschäden oder grobes Verschulden generell nicht möglich ist. Wird hiergegen verstoßen, ist auch eine Verkürzung der Verjährungsfrist nicht möglich. Deshalb ist bei der unkritischen Verwendung von Mustertexten, die im Internet zu finden sind, immer Vorsicht geboten.
Wenn der Verkäufer Unternehmer ist und der Käufer Verbraucher, spricht man vom sog. Verbrauchsgüterkauf (§ 474 BGB). An diesen werden von Gesetzes wegen höhere Anforderungen gestellt .Der Gesetzgeber unterstellt dem Unternehmer einen höheren Sachverstand und damit eine bessere Einschätzungsmöglichkeit der zu verkaufenden Sache. Wer als Unternehmer im Pferdehandel zu klassifizieren ist, ist immer eine Einzelfallentscheidung. Grundsätzlich setzt die Unternehmereigenschaft nicht eine Gewinnerzielungsabsicht voraus, die mit der Tätigkeit verbunden sein muss. Die Tätigkeit muss aber einen gewissen Umfang aufweisen. Dies kann schon bei 2-3 verkauften Pferden pro Jahr der Fall sein.
Grundsätzlich gilt für den verkaufenden Unternehmer die gesetzliche Verjährungsfrist von 2 Jahren. Für gebrauchte Sachen kann der Unternehmer die Frist vertraglich aber auf 1 Jahr reduzieren. Dieses muss aber wiederum ausdrücklich geschehen. Eine Verkürzung der Verjährungsfrist unter 1 Jahr ist nicht möglich.
Wann ist ein Pferd als "gebraucht" anzusehen?
Eingerittene Reitpferde, also ab einem Alter von ca. 3 Jahren werden generell als gebraucht anzusehen sein. Bei ungerittenen Pferden, die jünger sind, ist es wiederum eine Einzelfallentscheidung. Ein Fohlen von 6 Monaten ist allerdings immer als „neu“ zu bewerten.
Den Unternehmerverkäufer trifft darüber hinaus aber vor allem die sog. Beweislastumkehr des § 476 BGB, die zentrale Vorschrift des Verbrauchsgüterkaufs. Grundsätzlich gilt, dass derjenige, der aus einer Vorschrift Ansprüche herleiten will, die dafür bestehenden Voraussetzungen beweisen muss. Der Käufer müsste demnach beweisen, dass das Pferd schon zum Zeitpunkt der Übergabe an ihn einen Mangel hatte.
Zum Schutz des Verbrauchers gilt aber beim Verbrauchsgüterkauf die Vermutung, dass ein Mangel, der innerhalb der ersten 6 Monate nach Gefahrenübergang (=Übergabe) auftritt, bereits zum Zeitpunkt der Übergabe des Pferdes vorhanden war!
Diese Vermutung gilt nur dann nicht, wenn die Vermutung mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar ist. Beim Pferdekauf ist die Beweislastumkehr jedoch anwendbar. Ausnahmen können allerdings bei bestimmten Infektionserkrankungen vorliegen.
Der Verkäufer hat bei der Beweislastumkehr jedoch die Möglichkeit, die Vermutung des Vorhandenseins des Mangels bei Gefahrübergang zu widerlegen. Er muss das Gegenteil aber beweisen. Zweifel reichen hierfür nicht aus. Dieser Beweis kann am besten durch eine tierärztliche Verkaufsuntersuchung und ein dokumentiertes Übergabeprotokoll geführt werden! An dieser Stelle zeigt sich dann auch, wie wichtig eine sog. Verkaufsuntersuchung für den Verkäufer sein kann.
Der Pferdekaufvertrag ist nur ein Aspekt, mit dem sich das Pferderecht beschäftigt.
Hierunter fallen alle Streitigkeiten rund um Pferde, Pferdesport und Pferdezucht. Ein eigenständiges juristisches Rechtsgebiet für Pferde gibt es jedoch nicht. Vielmehr beschäftigen sich Pferderechtsanwälte unter anderem mit den folgenden Bereichen:
Das Spektrum reicht also von Fragen zum Pferdekauf, einschließlich Streitigkeiten über Mängel bis hin zu Schadensersatzforderungen bei Unfällen mit Pferden und Auseinandersetzungen im Bereich des Sportrechts.
Der Kläger verlangt von einem Hufschmied Schadensersatz in Höhe von 350.000 Euro, weil dieser eine Hufe seines Turnierpferdes zu kurz ausschnitten hatte und das Pferd danach lahmte. Trotz der chronischen Lahmheit setzte der Kläger das Pferd im Jahr 2012 noch bei einem Dressurwettbewerb ein. Anfang 2013 ließ er es einschläfern.
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte im Jahr 2006 für 14.500 Euro ein Springpferd gekauft und mit diesem auf nationalen und internationalen Turnieren Preisgelder von über 15.000 Euro gewonnen. Während der Turniere wurde das Tier jeweils im Rahmen eines "Vet-Check" ohne Befund auf Lahmheit hin untersucht. Im Jahr 2009 beschlug der beklagte Hufschmied die Hufe mittels "Heißbeschlags". Hierbei schnitt er einen Huf zu kurz aus. Danach lahmte das Pferd, dessen Wert nach Ansicht des Klägers zwischenzeitlich auf 350.000 Euro gestiegen war. Trotz der chronischen Lahmheit setzte der Kläger das Pferd im Jahr 2012 noch bei einem Dressurwettbewerb ein. Anfang 2013 ließ er es einschläfern.
Der Kläger verlor die Klage jedoch in erster und zweiter Instanz. Zwar sprach für den Anspruch des Klägers ein sog. Anscheinsbeweis, da das Pferd vor dem Beschlag lahmfrei war. Allerdings konnte der Hufschmied im Rahmen eines Sachverständigengutachtens diesen Anscheinsbeweis widerlegen, da Röntgenbilder degenerative Veränderungen aufzeigten, die die Ursache der Lahmheit war und die nicht in Zusammenhang mit dem Hufbeschlag standen. Vorliegend gab es auch keinen groben Behandlungsfehler des Hufschmieds. Die vom BGH aufgestellten Grundsätze für die Haftung von groben Behandlungsfehlern bei Humanmedizinern gelten insoweit auch für den Hufschmied.
Eine Tierhalterin verlangt Schadenersatz wegen einer fehlerhaften Behandlung ihres Pferdes, welche zur Tötung des Pferdes führte. Die Beweislast läge grundsätzlich beim Tierhalter. Aufgrund des schweren Behandlungsfehler hat das Gericht aber eine Beweislastumkehr angenommen.
Der Sachverhalt:
Die Pferdehalterin stellte dem Tierarzt ihr Pferd zur Behandlung vor, nachdem sie an der Innenseite des rechten hinteren Beines in der Höhe des Unterschenkelknochens eine Verletzung festgestellt hatte. Zum Zeitpunkt des Eintreffens des Beklagten auf dem Hof der Halterin war das Pferd bereits von der Weide geholt und an einem Balken angebunden worden. Der Tierarzt verschloss die Wunde und gab die Anweisung, das Pferd müsse zwei Tage geschont werden. Es könne dann aber wieder geritten werden, soweit keine Schwellung im Wundbereich eintrete. Drei Tage später wurde das Pferd zum Beritt abgeholt. Die Reiterin stellte beim ersten Beritt leichte Taktunreinheiten im Bereich des verletzten Beines fest und stellte daraufhin das Reiten ein. Weitere drei Tage später diagnostizierte der Tierarzt eine Fraktur des verletzten Beines. Die Operation der Fraktur gelang nicht, das
Pferd wurde noch am selben Tag getötet.
Wie sich nach Einholung eines Sachverständigengutachtens im Prozess herausstellte, hatte sich das Pferd durch den Tritt eines Artgenossen nicht nur eine äußerliche Wunde zugezogen, sondern auch eine Fissur des Knochens.
Diese Fissur hatte sich zu einer vollständigen Fraktur entwickelt.
Das Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg (14 U 100/14) Mit dem Landgericht ging der Senat von einem schweren Behandlungsfehler durch den beklagten Tierarzt aus. Dieser hätte erkennen müssen, dass die Möglichkeit eine Fissur bestand, so das Urteil (14 U 100/14) des OLG Oldenburg. Er hätte dazu weitere Untersuchungen vornehmen müssen, die die Fissur bestätigt hätten. Sodann hätte er die Empfehlung aussprechen müssen, das Tier möglichst so zu halten, dass es sich wenig bewegen und sich insbesondere nicht hinlegen kann. Tatsächlich war die Fraktur des Beines beim Aufstehen des Pferdes entstanden, während es alleine im Paddock gehalten wurde.
Der juristische Kern des Falles lag insbesondere in der Frage, ob der schwere Behandlungsfehler ursächlich für die Fraktur geworden war. Dies konnte der Sachverständige nicht eindeutig bejahen oder verneinen, weshalb es darauf ankam, ob die Tierhalterin oder der Tierarzt die Beweislast trägt.
Ein zweijähriges Pferd wurde von seiner Halterin, hier auch der Klägerin, in eine Pension gegeben. Mit Einverständnis befand es sich mit einem anderen jungen Pferd auf der Weide. Aus unbekannten Gründen sprang das Pferd der Klägerin über den Zaun der Weide und verunglückte anschließend in einem angrenzenden Graben. Vermutlich erlitt es, laut Tierarzt, einen Genickbruch oder Herz-Kreislauf-Versagen. Was aber wirklich zum Tod des Pferdes führte ist unklar.
Die Pferdehalterin nahm daraufhin den Pensionsstallbetreiber in Anspruch auf Schadensersatz und bekam vor dem OLG Naumburg Recht. Problematisch für den Stallbetreiber war, dass er im Einstellvertrag eine Haftungsfreizeichnungsklausel Schäden an eingebrachten Tieren hatte, sofern die Schäden nicht auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruhten. Da die Obhut für eingestellte Pferde eine Hauptleistungspflicht des entgeltlichen
Verwahrvertrages darstellt, war diese Haftungsbeschränkung gemäß AGBRecht unwirksam. Die Haftung für Schäden an eingestellten Pferden kann in einem Einstellvertrag formularmäßig weder ausgeschlossen noch begrenzt werden.
Da der Pensionsstallbetreiber eine objektive Pflichtverletzung begangen hatte, weil das Pferd der Klägerin bei Durchführung dieses Vertrages zu Schaden gekommen war und er die Weide nicht so gesichert hatte, dass das Pferd weder ausbrechen noch sich verletzen konnte, er andererseits aber auch nicht beweisen konnte, dass das Pferd aufgrund anderer Todesursachen ums Leben gekommen war, haftete er gegenüber der Einstellerin vollumfänglich.
Das OLG Hamm hat mit Urteil vom 11.01.2013 - 12 U 130/12 In dem streitgegenständlichen Stall hat ein fünfjähriges Kind an einer Kinderreitstunde teilgenommen.
Während dieser Kinderreitstunde saßen die Kinder abwechselnd auf einem Pony und wurden von einer Mitarbeiterin des Beklagten Reitstalls an der Longe geführt. Es wurden während diesen Kinderreitunterrichts reittypische Gleichgewichtsübungen durchgeführt. So war das Pony nicht gesattelt sondern lediglich mit einem Voltigiergurt versehen. Es wurde während der Reitstunde freihändige Übungen zur Schulung des Gleichgewichts durchgeführt. Während einer dieser Übungen, die Kinder sollten auf Kommando freisitzend in die Hände klatschen, fiel die Klägerin aufgrund des Verlusts des Gleichgewichts vom Pony und zog sich einen Bruch des linken Oberarms zu. Eine Haftung des Reitstalls hat das OLG Hamm aber abgelehnt, weil weder die Tierhalterhaftung greift noch eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vorgelegen hat.
Allein das Pferdekaufrecht zeigt schon auf, dass der Teufel oft im Detail steckt. In der Regel kann ein Laie die Feinheiten dieses Rechtsgebiets kaum überblicken, sodass es sich im Streitfall und bei Fragen einer möglichen Haftung lohnt, einen auf das Pferdrecht spezialisierten Anwalt einzuschalten. Eine Haftungsfalle stellen auch häufig unkritisch aus dem Internet herunter geladene Formularverträge dar.
Zudem ist zu bedenken, dass bei einer Vertretung vor Gericht bei einem Streitwert über 5.000,- Euro das jeweilige Landgericht zuständig ist, bei dem Anwaltszwang herrscht. Das bedeutet, eine Klageerhebung oder Abwehr einer Klage ist vor dem Landgericht nur durch einen Anwalt möglich.